„Nein, ich schaue mir nichts mehr von dir an. Ich finde nicht, dass das die richtige Franzi ist.“ Ich sehe erschrocken von meinem Essen hoch und lege dann die Gabel beiseite. Lange sehen wir uns nur an. „Wie meinst du das?“ frage ich in die Stille hinein.„Naja, ich finde nicht, dass du real bist über Instagram. Und auch dein letzter Post,…du hast schonmal mit mehr Herz geschrieben.“ Das sitzt. Ich lehne mich zurück und drehe, wie immer, wenn mir jemand etwas sagt, was mich trifft, den Kopf zur Seite um irgendwo aus dem Fenster zu schauen. Aber da ist kein Fenster. Also sehe ich die Gruppe an, die am Nebentisch Platz genommen hat. Lange sitzen wir so da, bevor ich wieder zu meiner Gabel greife und wir weiter essen.
Als ich mit dem Bloggen von Fashion auf textlastigeren non-material Content umgestiegen bin, war es mein größter Wunsch mit Herz zu schreiben. Ich habe diesen Umschwung gewagt, weil ich mich nicht mehr länger mit Oberflächlichkeiten beschäftigen wollte. Ich wollte mit ganzem Herzen dabei sein, über Themen schreiben, die hundertprotzentig Ich sind und nicht irgendetwas vorweisen, was ich nich bin. Ich hatte die Fassaden satt.
Dass mir nun jemand sagt, ich sei nicht real über Instagram, in meinen Storys oder hier in meinen Texten, dass sie ohne Herz geschrieben seien, ist für mich eine der schlimmsten Kritiken, die man mir geben kann. Mein Anspruch ist es mit jedem Wort, welches ich shreibe und mit jedem Satz, den ich in meinen Instastorys sage, ich selbst zu sein. Obwohl ich weiß, dass es schwer ist. Obwohl ich weiß, dass die „third wall“ dazwischen ist, der direkte Blick verstellt ist, und ich nie exakt die gleiche Person bin wie dann, wenn man mich in der Realität trifft.
Aber sind wir nicht alle in unterschiedlichem Kontext auch unterschiedliche Personen? Und macht uns nicht gerade das zu den vielschichtigen Menschen, die wir sind?
Ich mag Vielschichtigkeit, davon mal ganz abgesehen. Möchte aber unterscheiden zwischen vielschichtig und fake. Fake mag ich nicht. Mit fake beschäftige ich mich auch nicht. Was ist aber dann, wenn mir vorgeworfen wird genau das zu sein? Dann muss ich mich damit auseinandersetzen und mit der Möglichkeit, dass ich nicht immer 100 Prozent echt bin, auch wenn ich es gerne wäre. Dass ich vielleicht auch nicht umhin komme, Rollen mitzuspielen, von denen ich denke, dass sie gut ankommen. Aber wie entsteht dieser ungewollte Eindruck, dass ich nicht ich selbst bin?
Als wir wieder auf das Thema zurückkommen, sind wir schon beim Nachtisch. „ Wenn du real wärst, würdest du zum Beispiel auch über deine Beziehung gesprochen haben. Oder auch jetzt über deine Trennung. Das auszusparen, obwohl so viele davon wissen, ist schon irgendwie unreal. Du tust so als sei alles in Ordnung, du immer Single gewesen, keine Trennung passiert. Dabei geht doch viel mehr ab als intermittent fasting.“
Ich hole tief Luft, könnte so viel dazu sagen. Zum Beispiel, dass ich denke, dass meine intimen Privatsachen auf meinem Blog wenig zu suchen haben, da es ja noch eine zweite Person betrifft und ich gerne das Gesicht dieser wahren möchte.
Ausserdem sind meine Beziehungskisten nicht der Großteil, der mich ausmacht. Versteht mich nicht falsch, aber es gibt so viel mehr, worüber es sich zu reden lohnt, zu schreiben oder nachzudenken. Ob ich nun on oder off mit jemandem bin, wie es dazu gekommen ist und wer diese Person ist – ich finde es müßig darüber zu schreiben. Viel lieber rede ich dann über Vertrautheit, Freundschaft, Liebe oder Veränderungen eben als übergeordnetes Motiv. Und ja, ich möchte mich und meinen Partner oder meinen Beziehungsstatus auch nicht angreifbar machen. Trennungsgeschichten in der Öffentlichkeit breit treten? Nein danke. Noch dazu kommt, dass sich die Menschen sowieso ihren Teil hineininterpretieren, ganz egal ob ich viel oder wenig dazu sage.
Aber das ist nur meine Meinung. Bedeutet also Aussparung von Realitäten gleichzeitig eine gewisse Fakeness? Bin ich dazu verpflichtet -weil irgendwie in der Öffentlichkeit – große Veränderungen in meinem Leben mit allen zu teilen unter dem Anspruch, dass ich ja real sein möchte? Und wie würde das dann aussehen?
Guten Morgen Instagram! Ich habe mich von meiner Beziehung verabschiedet. Ist schon unangenehm die Situation, buhu, mal gucken was so kommt. War die richtige Entscheidung. Lalala…
Nein, irgendwie nicht.
Stattdessen schreibe ich über das Thema Change im Generellen. Lasse anklingen, dass etwas bei mir im Umbruch ist und ich damit manchmal zu kämpfen habe. Wie jeder andere auch. Mein Problem ist nicht unique, wir alle waren oder sind oder werden in so einer Situation sein. Die Details kann man sich als aufmerksamer Leser entweder denken oder man erkennt, dass sie nicht von Belang sind und kann so die eigene Sitaution noch besser auf das Generelle Konstrukt, welches ich beschreibe, übertragen.
Any way you run, you run before us. Black and white horse arching among us.
(Beach House – Zebra)
Ich bin mir sicher, dass ich auch weiterhin so verfahren werde. Vielleicht war die Kritik dennoch teilweise angebracht, vielleicht sollte ich etwas konkreter darüber werden, was mich beschäftigt, um nicht herzlos und kalt zu wirken. Weil das möchte ich wirklich nicht. Natürlich denke ich nicht so analysierend über meine Gefühle nach wie es hier vielleicht manchmal scheint. Ich bin natürlich kein Meister in Selbstreflexion. Und nochmal: Natürlich lässt mich mein struggle nicht kalt.
Vielleicht ist es der berühmte Mittelweg, den ich einschlagen sollte. Möglicherweise sollte ich mich in einer Grauzone bewegen, auch wenn ich Grauzonen nicht so mag. Da ist immer dieses schwarz-weiße Pferd, was vor mir herrennt und dem ich mich gerne anschließe.
Aber intime Details über mein Liebesleben, die Freundschaften, die ich führe oder anderen zwischenmenschlichen Thematiken, die namentlich mehr als nur mich betreffen? Die wird es hier wohl nicht geben. Ich möchte keine Dating Kolumnen schreiben. Ich date ja noch nichtmal!
Mir begegnen Menschen oder ich begegne ihnen. Und das ist doch schon genug gesagt für meinen festen Leserstamm, der weiß, was ich damit meine. Und ab da sprechen wir dann weiter.
Photos 1,3 & 4 by Gregory
3 Comments
Hallo Frau Moods,
Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners! Es gibt nicht die eine wahre oder gar wahrhaftige Frau Moods. Wir alle spielen verschiedene Rollen in verschiedenen Kontexten.
Das „Ich“, welches Sie in Ihrem Blog einnehmen, ist eine Facette Ihrer Persönlichkeit.
Ihr Blog stellt eine tolle Gelegenheit da, die Seiten aus Ihrem Inneren hervorzubringen, die ansonsten vielleicht selten im Fokus stehen. Neben Ihrem Argument, die Persönlichkeitsrechte Ihres Ex-Partners zu wahren, ist eine Trennung ein Thema, welches auf anderen mit anderen Adressaten besser aufgehoben ist.
Sich mit auf einer anderen Ebene mit einer anderen Facette der Persönlichkeit mit anderen Themen zu beschäftigen, trägt zur inneren Balance bei und bringt Gedanken hervor, die ansonsten nicht gedacht worden wären.
Ihrem kritischen Freund/Leser ist es natürlich freigestellt, welche Facetten von Frau Moods er/sie wahrnehmen möchte. Eine Ablehnung der Blogtexte sollten Sie daher respektieren und wertneutral behandeln.
Herzlichst, Ihr Rid Irkules!
Oh, das kenne ich nur zu gut. Oft ist es auch einfach eine schmale Grenze zwischen dem „real“ sein und dem zu persönlich werden. Was aber meiner Meinung nach viele Menschen, die solche Kritik äußern, vergessen, ist dass im Internet nicht alle wohlgesonnene Freunde sind und dass man ja auch im Offline-Leben nicht zu einer völlig Unbekannten gehen und ihr den eigenen Herzschmerz klagen würde. Mein Credo ist, dass ich auf dem Blog alles erzähle, was ich einer mir sympathischen Person innerhalb von einer Stunde nach dem Kennenlernen erzählen würde – und damit bin ich bisher ganz gut gefahren!
Ich würde an deiner Stelle genauso weiter machen, wie bisher und den dich kritisierenden Personen das auch so erklären!
Alles Liebe aus Barcelona,
Linn
https://www.linnmaira.com
Liebe Linn, ein verdammt guter Tipp, das mit der Stunde und der sympathischen Person. Das könnte eine gute Leitplanke sein, an der man sich entlang hangelt. Vielen Dank! Liebe Grüße nach Barcelona!